Die Strategie klingt einfach: Die finanzierbare Sicherstellung der medizinischen Versorgung im Kanton St. Gallen. Unter der Bezeichnung «Quadriga» wurde in den Jahren 1999/2000 im Kanton St. Gallen eine umfassende Spitalreform abgeschlossen und 2003 umgesetzt. Im Zuge dieser Reform wurden damals das Kantonsspital St. Gallen (KSSG) und acht Regionalspitäler in vier rechtlich selbstständige Spitalregionen zusammengefasst. Die notwendigen baulichen Erneuerungen blieben aufgrund eines Baumoratoriums in den Folgejahren aber weitgehend aus, bis 2014 das St. Galler Stimmvolk einer enormen Investition von knapp einer Milliarde Franken für die Erneuerung der Infrastruktur der St. Galler Spitäler zustimmte, wovon allein 400 Millionen Franken für die Gesamterneuerung des Kantonsspitals St. Gallen vorgesehen waren. Mit der Konzentration auf ein ambulantes Angebot und der gleichzeitigen Aufhebung des stationären Angebots an den Spitalstandorten Rorschach und Flawil (2021), der Schliessung des Spitals Wattwil (2022, heute Berit Klinik), dem Verkauf des Spitals Walenstadt an den Kanton Graubünden (per 1. Januar 2023) und dem Verzicht auf die Erneuerung und Erweiterung des Spitals Altstätten (Schliessung per 2028) wurde die St. Galler Spitalstrategie in den Folgejahren konsequent umgesetzt. Baulich wie auch strategisch hat sich seither viel getan in der St. Galler Spitallandschaft. Nun folgt der nächste grosse Schritt: Die vier bisherigen Spitalverbunde werden per 1. Januar 2025 zu einem Gesamtunternehmen zusammengeführt. Das Ergebnis: EIN Unternehmen (keine Holding) unter dem gemeinsamen Dachnamen HOCH Health Ostschweiz mit beeindruckenden Zahlen: über 8000 Mitarbeitende und ein Umsatz von 1,4 Milliarden Franken.
Kliniken, Institute und Zentren werden jetzt in mehreren medizinischen Departementen organisiert und horizontal über die Standorte hinweg geführt. Das KSSG hat dabei eine spezielle Rolle: die überregionale Zentrumsversorgung und medizinische Forschung. Alle Supportbereiche (Medizintechnik, IT etc.) sind zentralisiert. Mit einem ausgezeichneten Rettungsdienst ist die Versorgung im Kanton trotz weniger Spitalstandorte vollumfänglich gewährleistet. All dies führt zu einheitlicher Versorgungsqualität.
Das Neubauprojekt «Come together» – Bauen im laufenden Betrieb
2017 wurden die Spitalimmobilien vom Kanton an die Spitäler beziehungsweise an deren dafür gegründete Spitalanlagegesellschaften übertragen. Damit gingen auch die Planung/Umsetzung der Spitalbauten vom kantonalen Hochbauamt an die Spitäler über. Am KSSG wurde in der Folge das Departement Bau und Raum am KSSG aufgebaut, das später in das Departement Immobilien & Betrieb integriert wurde. Dass die Spitäler seither eigenverantwortlich die Spitalbauten realisieren können, führte zu einer sehr nahen Baubegleitung, Effizienz und einem guten, schnelleren und engeren Austausch mit den Nutzern.
National und international planen und realisieren die allermeisten Spitäler die Infrastrukturen der Zukunft mit den Strukturen und Modellen des Immobilienmanagements der Vergangenheit. Nicht so in St. Gallen. Ein aussergewöhnliches Modell verdient Aufmerksamkeit: Zwei unabhängige Unternehmen arbeiten zukünftig auf einem Campus zusammen. Das Ostschweizer Kinderspital befindet sich in Zukunft auf dem Campus des KSSG. Ein enormer Gewinn an Effizienz (kurze Wege), Qualität (kurze Wege) und Service (kurze Wege!). Zudem befinden sich neu Bereiche, die zusammengehören, auf einer Ebene: Intensivstationen, OPs, interventionelle Zentren. Der Neubau erhält damit eine komplett neue Infrastruktur.
Ein Rezept für das Optimum gibt es nicht. Es ist bei jedem Bauprojekt ein enormer Kraftakt. Eine permanente Gratwanderung. Einig sind sich alle, die ein erfolgreiches Bauprojekt abgeschlossen haben: Eine permanente und aktuelle Baukommunikation, intern und extern, ist ein wichtiger Teil des Baufortschritts.
Finanzierung
Die finanziellen Herausforderungen indes bleiben gross. Trotz aller Massnahmen und trotz konsequenter Umsetzung der Spitalstrategie. Da bilden die St. Galler Spitäler und damit auch das KSSG keine Ausnahme. Zumindest erhalten die St. Galler Spitäler nun mehr unternehmerische Freiheiten.
Bisher war es nicht möglich, ambulante Strukturen ausserhalb des Kantons aufzubauen. Gesetzesänderungen ermöglichen nun, auch im ambulanten Bereich unternehmerischer aufzutreten. Die Ergebnisverbesserung wird aber ein permanentes Thema bleiben.
Fazit
Im Baumagazin des Kantonsspitals St. Gallen heisst es: «Das Kantonsspital St. Gallen erhält nicht nur ein neues, markantes Gesicht – durch den modernen Neubau werden auch effiziente und kostengünstigere Abläufe unterstützt. Zudem wird das Unternehmen den gestiegenen Ansprüchen der Patientinnen und Patienten an Zimmergrösse, Komfort und Mobilität gerecht.» Vielleicht sollte in Zukunft die Diskussion nicht nur um die Kosten, sondern auch darum geführt werden, wie hoch die Ansprüche sein sollen, die wir uns in Zukunft noch leisten wollen?
Die etappierte Gesamterneuerung des Kantonsspitals St. Gallen mit dem Neubau des Ostschweizer Kinderspitals auf dem Campus jedenfalls ist mehr als nur ein architektonisches und infrastrukturelles Projekt; es repräsentiert einen Paradigmenwechsel in der Gesundheitsversorgung. Mit seiner modernen Struktur, der interdisziplinären und interkantonalen Zusammenarbeit und dem Fokus auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist das Spital für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet. Ein in jeder Hinsicht äusserst spannendes Projekt.
